Der berühmte jüdische Schriftsteller Amos Oz schrieb kurz vor seinem Tod ein feinsinniges Essay, das nachdenklich macht. Seine Schrift hebt an mit dem Anstoß, die Gestalt des Jesus von Nazareth stärker in den jüdischen Denkhorizont zu rücken. Er verweist auf die Tatsache, dass in den jüdischen Schulen in Israel und anderen Ländern das Neue Testament kein Unterrichtsstoff ist. Die Gestalt des Judas steht jedoch viel stärker im Fokus seiner Überlegungen. Hier wirken seine gemeißelten Sätze besonders aufrüttelnd, z.B. wenn er resümiert: „In meinen Augen ist die Geschichte von Judas in den Evangelien gleichsam das Tschernobyl des christlichen Antisemitismus der vergangenen zweitausend Jahre…“ Seine Überlieferungskritik geht einher mit dem Versuch einer angemesseneren Annäherung an Judas und einer positiveren Darstellung in seinem Verhältnis zu Jesus.
Das Nachwort des liberalen Rabbiners Walter Homolka rundet mit einer erhellenden Darstellung der jüdischen Jesusrezeption das Bändchen ab.